Rechtsextremist als Parlamentspräsident

»Alter Herr« als Nummer zwei im Staate Österreich

Rechtsextremer FPÖ-Politiker soll in Österreich Parlamentspräsident werden

Nein, Walter Rosenkranz ist kein Lauter. Und neben FPÖ-Chef Herbert Kickl wirkt dieser stets gefasst auftretende Mann mit den fein frisierten grauen Haaren fast wie ein staatsmännischer Ruhepol: Anzug, Hemd, Krawatte, ruhig im Ton, dafür aber nicht wenig scharf im Inhalt.

Walter Rosenkranz wird aller Voraussicht nach Österreichs nächster Nationalratspräsident. Laut Verfassung ist das das zweite Amt im Staat. Am Donnerstag wird bei der konstituierenden Sitzung des neu gewählten Parlaments über das Präsidium abgestimmt – also auch über Rosenkranz. Bisher war es politische Praxis, dass die stärkste Partei im Nationalrat auch dessen Präsidenten stellt – und diese heißt FPÖ. Aus den anderen Parteien gab es bisher keine allzu lauten Stimmen, dass man mit dieser Praxis brechen wolle. Lediglich die Grünen gaben an, ihn nicht wählen zu wollen. Die liberalen NEOS luden Rosenkranz zu einem Hearing in ihren Parlamentsklub, um sich festzulegen.

Niederlage bei der Präsidentschaftswahl 2022

Es wäre das erste Mal, dass ein Freiheitlicher dieses Amt übernimmt. Für Rosenkranz ist es gewissermaßen der Plan B für ein hohes Amt im Staat. Bei der Bundespräsidentenwahl 2022 war er Kandidat der FPÖ – und unterlag damals Alexander Van der Bellen. Seit 2019 war er Volksanwalt, davor seit 2017 Klubobmann der FPÖ im Nationalrat – Funktionen, die denen eines Ombudsmanns gleichen. Im Parlament saß er seit 2008. Er weiß also, wie der Hase rennt im parlamentarischen Tun. Da ist aber eben auch die andere Seite dieses Mannes. Walter Rosenkranz kann dem deutschnationalen Lager der Partei zugerechnet werden. Er ist bestens vernetzt in rechtsextremen Kreisen und in diesen auch immer wieder publizistisch aufgefallen.

Rosenkranz ist »Alter Herr« der schlagenden Burschenschaft Libertas. Motto: »Freiheit, Ehre, Vaterland«. Die Farben: schwarz, rot, gelb. Man versteht sich als »weiße Burschenschaft«, die in der Zeit des Austrofaschismus »zu national« und während der Zeit des Nationalsozialismus verboten worden war, weil sie »zu elitär« gewesen sei.

Verbindungen zu deutschnationaler Burschenschaft

In den Räumlichkeiten der Verbindung hängt ein Porträt von Georg von Schönerer – ein ideologischer Wegbereiter des deutschnationalen Antisemitismus und laut der jüdisch-deutschen Publizistin Hannah Arendt »geistiger Vater Adolf Hitlers«. 2011 verteidigte die Libertas den »Arier-Paragraphen«, den sie als erste Burschenschaft noch zu Zeiten der Monarchie eingeführt hatte. Rosenkranz sagte, dieser sei längst aufgehoben.

Rosenkranz bezeichneteführende Nationalsozialistenin einem Sammelband als »Leistungsträger«.

Eine Abkehr vom »Volksbezogenen Vaterlandsbegriff« bezeichnete die Verbindung aber als Verrat – und zeichnete 2008 den rechtsextremen »Bund freier Jugend« mit einem Preis aus. Der Verfassungsschutz sieht in eben diesem Bund eine Organisation von »zentraler Bedeutung für die Entwicklung des Rechtsextremismus«. Rosenkranz tat die Kritik an dieser Auszeichnung als »reine Diffamierung« ab.

Rosenkranz selbst allerdings bezeichnete führende Nationalsozialisten in einem Sammelband für die Libertas als »Leistungsträger«. Zum Beispiel den NS-Generalstaatsanwalt Hans Stich, der zahlreiche Urteile gegen Widerstandskämpfer zu verantworten hat, sowie die NSDAP-Mitglieder Mirko Jelusich und Hans Giebisch.

»Gegen linken Zeitgeist«

2011 verfasste Rosenkranz einen Artikel für die rechtsextreme Zeitung »Aula«. Titel: »Widerstand gegen linken Zeitgeist heißt nicht Reformunwilligkeit. FPÖ als Bastion gegen reformpädagogischen Unfug«. Darin führt er aus, dass »die Begriffe ›Elite‹ und ›Disziplin‹ keinesfalls als unzeitgemäß abgetan, sondern «im Gegenteil gefordert und gefördert werden» müssten. In dem Artikel fordert er einen «Paradigmenwechsel» im Berufsbild des Lehrers. Denn dieser könne diesen Beruf «für unsere national-freiheitliche Jugend» zu einer «ernstzunehmenden Perspektive machen und damit letztlich auch endlich den Marsch der (…) unsäglichen 68er-Generation durch die Institutionen egalisieren».

Ein Jahr später empörte sich Rosenkranz in einem Text für die Österreichische Landsmannschaft über eine Broschüre zur Sexualerziehung. Darin, so Rosenkranz, werde «ideologische Stimmungsmache» betrieben, wonach «natürlich gewachsene Familien zwischen Mann und Frau diskreditiert und dafür ›lesbisch‹, ›schwul‹, ›hetero‹ und ›trans‹ als vollkommen gleichwertig dargestellt werden».

Nationsratspräsidentenamt ist unangreifbar

Mit all dem konfrontiert reagiert Rosenkranz üblicherweise eher eingeschnappt: «Der unterschwellige Vorwurf, dass das bei uns latent geduldet wird, muss aufhören», so der damalige FPÖ-Klubobmann Rosenkranz 2018 zu Nazi-Vorwürfen im Allgemeinen gegen die FPÖ.

Wenn Rosenkranz erst einmal zum Nationalratspräsident gewählt ist, hätte er in seinem Amt nichts zu befürchten: Eine Abwahl, ein Misstrauensantrag, eine Amtsenthebung durch den Bundespräsidenten oder auch eine Anklage vor dem Verfassungsgericht sind gegen ihn nicht möglich.

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