AfD und bürgerliche Medien

AfD hetzt gegen Labournet TV – Nordkurier gibt Rückendeckung

Die AfD fordert in Prenzlau die Streichung von Fördergeldern für den Verein, der den Veranstaltungsort „Glashaus“ betreibt. Als Begründung wird unter anderem die Ausstrahlung des Films „Strategien gegen Rechts im Betrieb“ von Labournet TV herangezogen. Unterstützung bekommt die AfD von einer lokalen Zeitung – deren Finanzierung lässt tief blicken.

Wer im Glashaus sitzt, sollte nichts gegen die AfD sagen. Das dachte sich zumindest AfD-Politiker Felix Teichner aus Prenzlau, der aktuell versucht gegen den Verein des Veranstaltungsortes „Glashaus“ vorzugehen. Laut einem Statement von Labournet TV beklagte er in einer kleinen Anfrage an die Stadtverordnetenversammlung, dass das Glashaus in „linksextremistische Aktivitäten“ involviert sei. Als Beleg dafür führte er unter anderem die Aufführung des Films „Strategien gegen Rechts im Betrieb“ von Labournet TV an.

Anknüpfend an diese Unterstellung forderte der Politiker, dem Veranstaltungsort die städtischen Fördergelder zu entziehen. Die Bewertung als „linksextremistisch“ begründet Teichner damit, dass in dem Film „hetzerisch gegen die AfD“ vorgegangen und „offen dazu aufgerufen [wird], vermeintlich rechte Mitarbeiter aktiv zu bekämpfen, was einem Berufs- und Arbeitsverbot nahezu“ gleichkäme. In der Lokalpresse wird Teichner unterstützt.

Lokalpresse in der Hand der Adligen

„Wir wundern uns nicht darüber, dass Seitenscheitelträger Teichner, laut Wikipedia Alter Herr der Burschenschaft Ghibellinia-Leipzig, unseren Film als extremistisch denunziert“, erklärt Labournet TV. Was dagegen verwundere, sei, dass die regionale Zeitung Nordkurier aus Neubrandenburg über die kleine Anfrage von Teichner berichte und dessen Argumente unkommentiert stehen lasse. Unter der Überschrift „AfD beklagt »linksextremistische Bestrebungen« im »Glashaus«-Projekt“ übernimmt der Artikel die AfD-Zitate, ohne diese einzuordnen oder eine Stellungnahme des betroffenen Projekts einzuholen.

Die Verwunderung legte sich bei Labournet TV allerdings, als sie sich genauer anschauten, wer eigentlich hinter dem Nordkurier steckt. Die Zeitung Nordkurier ist Teil des Schwäbischen Verlags (SV), welcher mit seinen 190 Unternehmen dem Grafen Maria Erich Wunibald Aloysius Georg Graf von Waldburg zu Zeil und Trauchburg gehört.

Seine Adelsfamilie ist eine der größten Waldbesitzer:innen in der BRD, ihr Vermögen haben sie sich allerdings nicht erarbeitet. Nach der Niederschlagung der Bauernaufstände 1525 bekam die Familie als Dank vom Kaiser Wälder, Wiesen und Äcker geschenkt. Heute kontrollieren sie neben Grund und Boden eine Reihe von Radio- und Fernsehsendern und sind Eigentümer:innen von Reha-Kliniken und Spielbanken.

Der „Grafen-Sproß Fürst Erich [nutzt] sein Medienimperium offensichtlich, um eine Partei salonfähig zu machen, die Rassismus als Lösung propagiert“, beklagt Labournet TV. Mit dem Schwäbischen Verlag kontrolliert dieser neben dem Nordkurier auch die Schweriner Volkszeitung, die Anfang des Jahres fusionierte. In Mecklenburg-Vorpommern (MV) gebe es mit der Ostsee-Zeitung nur noch eine weitere lokale Tageszeitung, was der Deutsche Journalisten Verband (DJV) aus MV als weitere Schwächung der Medienvielfalt sieht.

Nordkurier und die AfD

Zu dem adligen Medienimperium kommen in Süddeutschland die Schwäbische Zeitung (SchwäZ) und der Zollern-Alb-Kurier im Schwarzwald hinzu. Die KONTEXT:Wochenzeitung berichtete über den Rechtsruck des Nordkuriers und der Schwäbischen Zeitung. Dieser hänge eng mit dem verstorbenen Chefredakteur Jürgen Mladek zusammen, gegen den Vorwürfe laut wurden, immer wieder rassistische und menschenverachtende Leser:innenbriefe zu veröffentlichen.

Mladek, der erst als Chefredakteur beim Nordkurier und im Anschluss beim süddeutschen Schwesterblatt der Schwäbischen Zeitung tätig war, fühlte sich wie auf einer „rebellischen Insel im Meer der Einförmigkeit“ und führte regelmäßig Interviews mit AfD-Spitzenkräften. Nach seinem Tod verneigte sich dafür auch die rechte Zeitung Junge Freiheit vor dem „glorreichen Halunken“ und „einsamen Cowboy“.

Doch auch nach seinem Tod 2022 brach die enge Verbindung zur AfD nicht ab. Der Geschäftsführer Lutz Schumacher erklärte, dass die „Mission Mladek“ weitergeführt werde. Dazu dienen auch Redakteur:innen wie Jan David Sutthoff, der zuvor Chefredakteur bei der rechten Plattform „Nius“ von Julian Reichelt war. Sutthoff fragt sich derweil, ob „es ohne eine Zusammenarbeit mit der AfD jemals wieder eine bürgerlich geprägte Regierung geben wird“.

Die Zeitungen des Schwäbischen Verlags fallen immer wieder mit prominent platzierten Interviews mit Hans-Georg Maaßen oder den AfD-Politikern Maximilian Krah und Tino Chrupalla auf. Durch ihre Art und Weise der Berichterstattung sei der Nordkurier eine „ungefilterte AfD-Plattform“, so das KATAPULT-Magazin.

Der neue Chefredakteur der SchwäZ, Gabriel Kords, der zuvor nur für den Nordkurier verantwortlich war, soll nun den ganzen Schwäbischen Verlag anleiten. Auch seine Sicht auf die AfD lässt tief blicken. Die Idee der Brandmauer sei gescheitert und eine Zusammenarbeit mit der AfD unverzichtbar.

Dieser Kommentar wurde auf perspektive-online veröffentlicht. “Perspektive – Zeitung für Solidarität und Widerstand” will den bürgerlichen Medien eine Zeitung entgegenstellen, die gezielt die Perspektive „der ArbeiterInnen, Angstellten, Frauen, Jugendlichen, Migranten und RentnerInnen“ und ihrer Widerstandskämpfe hervorhebt. Mit gut recherchierten Beiträgen und Analysen ordnen die Redakteur:innen die weltpolitische Lage ein und mischen sich ein in aktuelle Debatten; nicht nur die Rubrik Antifaschismus ist empfehlenswert. Also schaut dort mal vorbei und tragt euch z.B. in den Newsletter ein oder nutzt den Telegram-Kanal um auf dem Laufenden zu bleiben.

 

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