Brief von Nico aus dem Knast

Hallo liebe Genoss:innen,

die ersten Stunden, Tage im Knast waren verständlicherweise sehr aufregend. Neue Situation, neue Leute, neue Umgebung, wo ich mich zwar mental darauf vorbereiten kann, aber die Realität ist dann doch immer anders wie die Vorstellung. Im Großen und Ganzen geht es mir aber sehr gut, auch wenn ich mich durch die Verlegung schnell wieder in eine neue Situation umstellen musste. Die Verlegung an sich verlief ziemlich schnell, aber war entspannt, also ohne große faxen von irgendeiner Seite aus. Ich habe zwar mit einer Verlegung von Knast Seite aus gerechnet, aber zu einem späteren Zeitpunkt und nicht direkt am ersten Tag. Dennoch hat es mich nicht so massiv überrascht wie manche vielleicht dachten und finde es im Nachhinein sogar ganz gut, dass es so schnell ging, weil ich dadurch mich nicht erst an eine Situation gewöhnt habe und dann verlegt werde, sondern mich direkt an die neue Situation gewöhnen konnte.

Seit dem bin ich in der JVA Heimsheim. Nach mehreren Anträgen habe ich schnell eine Arbeit bekommen, dadurch ist mein Alltag sehr strukturiert: Morgens 5:30 aufstehen, 6:20 abrücken auf die Arbeit, 15:20 Feierabend. 15:45-16:45 Hof, 19:30-21:00 Freizeit und dazwischen dann Zeitung lesen, Briefe schreiben und Fernseh schauen. Am Wochenende ist mein Tagesablauf bisschen langweiliger, vor allem Sport auf Zelle und Fernsehen ist da der Zeitvertreib.

Aufgenommen wurde ich sehr gut. Habe bei mir auf Stock und im Hof jeweils ziemlich korrekte Leute. Entweder machen wir Sport oder spielen Karten gemeinsam. Wir schauen hier gegenseitig, dass es uns gut geht. Sei es auf persönlicher Ebene, oder eben auf materieller Ebene, was ziemlich wichtig ist. Und ich konnte schon zweimal einkaufen. Tabak, Filter, Cola, Nutella, Schokolade … Die nächsten Einkäufe werden dann aber wieder etwas gesünder und nährstoffreicher.

Die Reaktionen auf mich und meine Straftaten und den politischen Hintergrund waren alle sehr „normal“, es gab und gibt klar den einen oder anderen Spruch auf Scherzebene, aber niemand der Stress macht oder ähnliches.

Und vor allem spüre ich die Solidarität. Das Feuerwerk und die ganzen Briefe, die ich bekommen habe, die ich leider gar nicht alle beantworten konnte. Und was mich zusätzlich stützt sind all die Leute, die ich über die Jahre kennengelernt habe und auf die ich mich freu, hoffentlich in 3 Jahren wieder zu sehen und Seite an Seite durch dick und dünn zu gehen.

Liebe Grüße

Nico

Der Antifaschist Nico aus Stuttgart sitzt seit dem 12. August 2024 in der JVA Heimsheim. In diesem ersten öffentlichen Brief beschreibt er die ersten Tage, den Alltag in Haft und die Solidarität, um euch einen kleinen Einblick zu geben. Nun seid ihr gefragt: Schreibt dem Genossen! Auch wenn uns Mauern trennen, lassen wir niemanden alleine. Ein Brief gibt Kraft im Knastalltag und kann auch aus einem Tag hinter Gittern einen guten machen… also schnappt euch einen Stift und Papier – nutzt den Sonntag für praktische Solidarität.

Versendet eure Briefe (gerne mit ein paar Briefmarken beiliegend) an:

Rote Hilfe Stuttgart
Stichwort „Nico“

Böblingerstraße 105
70199 Stuttgart

Weitere Infos zu Nico und dem Verfahren findet ihr auf der Seite der Roten Hilfe Stuttgart. Außerdem hat Nico vor seinem Haftantritt ein Interview gegeben, in dem er über seine ganz persönliche Vorbereitung und Verarbeitung spricht. Das findet ihr auf dem Instagram-Kanal des Antifaschistischen Aktionsbündnisses Stuttgart & Region (AABS).

 

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