Abgehakt – Die Landtagswahl in Brandenburg

Bildungsmisere, Ärztemangel, Ampel-Irrsinn in der Wirtschaftspolitik waren offenbar nicht wahlentscheidend.

Das politische Beben blieb aus: Die Bürgermedien hatten die Landtagswahl in Brandenburg zur Entscheidung über die Kanzlerschaft von Olaf Scholz erklärt – es blieb beim Schnattern. Ministerpräsident und SPD-Spitzenkandidat Dietmar Woidke wollte Scholz und erst recht nicht die Parteikovorsitzende Saskia Esken im Wahlkampf an seiner Seite sehen, proklamierte dafür alle AfD-Programmpunkte für Migration, insbesondere pauschale Zurückweisung an deutschen Grenzen. Woidke setzte alles auf eine Karte und erklärte, er sei »weg«, wenn die AfD stärkste Partei werde. Das hat gereicht. Die Bundesparteien hakten das Ergebnis noch am Sonntagabend ab. CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann beglückwünschte auf allen Kanälen Woidke, die Landes-CDU ist heilfroh, wieder in die Potsdamer Regierung zu kommen.

Woidke und die SPD haben knapp mehr Wählerstimmen als die Partei, in der Faschisten willkommen sind, erhalten. Erfolg lässt sich das nicht nennen. Für die Wähler spielten zwar Krieg und Frieden vor allem in der Ukraine eine große Rolle. Sie stimmten aber für die bisherige Koalition – SPD, CDU, Bündnis 90/Die Grünen – , also Kriegsparteien. 30 Prozent obendrauf für die NATO- und Bundeswehrpartei AfD sind keine Stimmen für Frieden. Keine deutsche Partei mit Ausnahme von Bündnis 90/ Die Grünen, deren Bundesgeschäftsführerin Emily Büning AfD und BSW am Sonntag in einem Atemzug als Putin-Agenten bezeichnete, unterstützt mit mehr Fanatismus Israels Völkermord in Gaza.

Bildungsmisere, Ärztemangel, Ampel-Irrsinn in der Wirtschaftspolitik – Stichwort die Raffinerie PCK Schwedt an der Oder -, waren offenbar nicht wahlentscheidend. Die Wahlen in Brandenburg waren erneut Bekenntniswahlen gegenüber der Vogelscheuche AfD: Aberglauben in diese oder jene Parteiclique waren gefragt, nicht Durchsetzung von Gemeinwohl, von Interessen der Bevölkerungsmehrheit. Woidke und die seit 1990 in Brandenburg regierende SPD hatten dabei verhältnismäßig gute Werte vorzuweisen: 2023 ein Wirtschaftswachstum von mehr als zwei Prozent trotz bundesweiter Stagnation und Schrumpfung, der sogenannte Tesla-Effekt – die größte Arbeitsplatzbeschaffung seit 1990 in Ostdeutschland -, der allerdings auf Kosten von Umwelt, Wasserschutz und Recht zustande kam. Der Tesla-Effekt ist verpufft, Tarifverträge gibt es im Werk Grünheide nicht, die Ausbaupläne liegen auf Eis – Brandenburg zeigt, was das Kapital insgesamt mit der Bundesrepublik noch vorhaben kann.

Dietmar Woidke, Ministerpräsident und SPD-Vorsitzender von Brandenburg, wartet vor einem TV-Studio darauf, für seinen Auftritt geschminkt zu werden

Am Montag warnte die FAZ vor »instabilen Mehrheitsverhältnissen in Potsdam«, weil das die Neigung internationaler Investoren, den Kapitalexport Richtung Brandenburg weiter zu befördern, beeinträchtigen könne. Das Sprachrohr des deutschen Großkapitals segnete zugleich eine mögliche Koalition von SPD und BSW ab – kein Investitionshindernis. Den Segen der Konzerne und der Banken hat die AfD noch nicht.

Die FDP wurde erneut pulverisiert, Bündnis 90/Die Grünen fliegen hoffentlich aus dem Landtag. Eine SPD-BSW-Koalition – eventuell unter Einschluss der CDU – erscheint unwahrscheinlich, aber möglich. Über die Partei Die Linke ist der Wähler hinweggegangen. Ihr Selbstmord – vollendet mit der Zustimmung ihrer Spitzenkandidatin am 9. Juni Carola Rackete im EU-Parlament zu dessen Kriegserklärung gegen Russland am Freitag – hat sich vermutlich am Sonntag in Brandenburg ereignet. Was an der Begeisterung für den NATO-Krieg gegen Russland und damit China links sein soll, ist nur mit Demagogie zu erklären. Ein Grund zur Freude ist das nicht, im Gegenteil. Erfreulich ist allein, dass Zustimmung zu Kriegskrediten 2024 schneller eine Quittung erhält als 1914.

 

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