Ja, das stimmt natürlich nicht so ganz. Wir können euch selbstverständlich nicht verraten, wie weit die deutsche Nationalmannschaft bei der Europameisterschaft 2024 kommt oder wer am Ende gewinnt. Aber wir können euch jetzt schon verraten, wie die rechtsextreme AfD darauf reagieren wird – egal, wie das Team abschneidet.
Denn die Muster, Sprüche und Propaganda-Märchen sind immer dieselben und absolut vorhersehbar. Es ist komplett klar, wer laut AfD „Schuld“ sein wird, wenn die Mannschaft früh ausscheidet. Genauso ist es komplett klar, wie die AfD feiern wird, wenn es doch weit gehen sollte. Und das zeigt mal wieder: Diese Partei hat nichts Ernsthaftes inhaltlich beizutragen. Schaut doch danach hier wieder vorbei, ob wir recht hatten.
Das erste – in den letzten Jahren leider gewohnte – Szenario wäre das einer sportlich ziemlich schlechten Europameisterschaft für das deutsche Team. Irgendwie in der Gruppenphase gerade so über die Rangliste der besten Gruppendritten weitergekommen, dann im Achtelfinale sang- und klanglos ausgeschieden – wir kennen es zur Genüge. Oder nicht mal die Gruppenphase schaffen. Für die AfD wäre das der best case, die Schuldigen wären schnell gefunden, die vorhersehbare Hetze würde noch am Abend des Ausscheidens auf Hochtouren laufen.
Tatsächlich müsste die AfD sich aber diesmal ein bisschen anpassen. Die letzten Male war es ja ganz klar: Das schlechte Abschneiden lag nicht an schlechter taktischer Aufstellung oder individuellen Fehlern, sondern irgendwie an der Regenbogenarmbinde! Die bei der WM in Katar zwar gar nicht mal getragen wurde, aber hey. Das interessiert doch eine AfD-Politikerin nicht, solche Details. Da verliert die Mannschaft in der AfD-„Logik“ wegen einer Armbinde, die sie nicht mal trägt. Nicht, weil sie schlechter gespielt hat.
Doch auch diesmal ist schon relativ klar, was Schuld am (hypothetischen) schlechten Abschneiden sein wird: Die Trikots! Also nicht der Schnitt oder so, nicht irgendwas, das vielleicht tatsächlich Einfluss auf die Leistung haben könnte. Sondern die Farbe! Ist ja komplett klar, dass pinke Trikots quasi der Untergang des deutschen Nationalstolzes sind und ohne diesen weiß auch Niklas Füllkrug nicht mehr, wo eigentlich das Tor steht. Dass diese ganze Trikot-Causa einfach nur ein genialer Ragebait von Adidas war, um ihre Umsatzzahlen zu steigern, ist für die AfD natürlich vollkommen ausgeschlossen.
Ach so ja, die Klassiker werden natürlich auch noch kommen. Hat İlkay Gündoğan vielleicht die Nationalhymne nicht inbrünstig genug mit gesungen? Oder ist Jamal Musiala einfach nicht „nationalstolz“ genug, um in den Strafraum zu dribbeln? Wir kennen es ja zur Genüge. Geben wir diesem rassistischen Unsinn also nicht noch mehr Raum, sondern schauen einmal auf das andere Szenario: Dass die Nationalmannschaft bei der Europameisterschaft tatsächlich mal wieder etwas reißt. Wenigstens Halbfinale oder so, bitte!
Dieses Szenario wäre für die rechtsextreme AfD generell nicht ganz so gut. Man müsste jetzt ein bisschen improvisieren, denn die klassische „Geht doch eh alles den Bach runter, weil Ausländer“-Rhetorik greift dann nicht mehr so richtig. Aber auch das bekommen sie hin – neue rechte Narrative basteln ist schließlich das Einzige, was die Partei wirklich gut kann. Leider keine Ironie an der Stelle.
Aber schauen wir drauf, was uns bei einem Halbfinaleinzug (oder Finale) der deutschen Mannschaft erwartet. Natürlich wird dann erstmal einfach das Narrativ vom vergangenen Turnier umgedreht: „Wir“ waren diesmal nur erfolgreich, weil keine Regenbogenbinde getragen wurde. Also genauso wie bei der Katar-WM, aber wie gesagt, widersprüchliche Fakten interessieren die AfD doch schon im Bundestag nicht, warum sollten sie im Fußballstadion relevant sein?
Was bleibt sonst noch so? Vielleicht könnte man in rechtsextremen Kreisen darauf anstoßen, dass endlich mal wieder weniger Menschen mit Migrationshintergrund im Kader standen – was tatsächlich stimmt. Natürlich muss man dann ignorieren, dass das nicht nur komplett zusammenhangsloser rassistischer Bullshit ist, sondern dass die Nationalmannschaft auch 2018 mit ähnlich niedriger Quote die schlechteste Weltmeisterschaft überhaupt gespielt hat und 2010 mit der höchsten Quote der letzten Jahre ins WM-Halbfinale gekommen ist. Also nicht mal diese rassistische Logik stimmt.
Ihr merkt, dass es wirklich komplett egal ist, wie die deutsche Nationalmannschaft bei der Europameisterschaft spielen wird – die AfD wird Wege finden, das für ihre rassistische und queerfeindliche Hetze auszunutzen. Dagegen können wir nichts tun – aber wir können vorbereitet sein und selbst nicht drauf reinfallen. Hier kommst du ins Spiel. Also nicht ins Fußballspiel, aber so kannst du verhindern, dass die AfD von ihrer Propaganda profitieren wird.
Denn klar, die Versuchung ist groß, dann triumphal die Statistiken von der WM 2010 herauszukramen und zu zeigen, wie der und der Spieler mit Migrationshintergrund so und so viele Tore geschossen hat oder so etwas, um die AfD zu entkräften. Das Problem ist nur: Damit sind wir dann unbewusst eben doch hereingefallen. Denn wir haben die Prämisse der AfD akzeptiert, dass „Ausländer“ oder Migrant:innen sich eben die Anerkennung erst erarbeiten müssen. Dass die rechtsextreme Partei damit also Grundrechte wie die Würde des Menschen ablehnt, haben wir einfach so hingenommen – wir haben eben nur in diesem konkreten Fall Widerspruch eingelegt. Auf diesen Trick dürfen wir nicht hereinfallen.
Was können wir stattdessen tun? Klingt vielleicht nicht so spektakulär, aber nichts: Schaut einfach Fußball. Springt nicht auf die rechtsextreme Propaganda an. Blockt diese Leute einfach und ignoriert sie. Ihr müsst sie nicht widerlegen, denn dass sie falsch liegen interessiert niemanden. Das Richtige hier ist auch das Bequeme: Wenn ihr Lust drauf habt und Spaß daran, dann schaut doch einfach heute Abend das Spiel mit ein paar Freund:innen. Zeigt denen bei Gelegenheit gerne mal unsere EM-„Prognose“.
Und auch, wenn Fußball nicht euer Ding: Lasst euch nicht von der AfD in irgendwelche Rechtfertigungsspiralen hereinziehen. Das Schöne am Fußball ist ja eigentlich gerade, dass so etwas wie Hautfarbe, Geburtsort usw. komplett egal sein könnten. Was zählt, ist, wer am Ende mehr Tore schießt. Sieht die Nationalmannschaft ja auch so.
Artikelbild: canva.com