Bargeld: Die AfD gibt zu, deine Freiheit einschränken zu wollen

Die rechtsextreme AfD gibt versehentlich zu, dass sie dir jederzeit deine Freiheit wegnehmen will! Die AfD behauptet: „Bargeld ist Freiheit“. Umso interessanter deshalb, dass sie dir deinen Zugang zu genau diesem Bargeld durch eine Bezahlkarte wegnehmen will, falls du deinen Job verlierst. Also keine Freiheit für Arbeitssuchende?

Bereits im Juni 2023 reagierte die Bundesregierung auf eine Anfrage der AfD zum digitalen Euro, dass Bargeld die zentrale Geldform unserer freiheitlichen Gesellschaft ist und bleibt. Hintergrund sind Diskussionen um die mögliche Einführung einer digitalen Währung. Die Bundesregierung verweist in ihrer Antwort auch auf geltendes EU-Recht, worin Banknoten und Euro-Münzen als gesetzliches Zahlungsmittel verankert sind. Sie schreibt buchstäblich: „Die Bundesregierung bekennt sich zum Bargeld“. Auch die EZB, die Europäische Zentralbank, betont, dass ein „digitaler Euro“ Bargeld nur ergänzen und nicht ersetzen solle. Zudem gibt es noch gar keine Entscheidung, ob überhaupt ein digitaler Euro zusätzlich eingeführt werden wird.

Trotzdem schüren die Demagogen der rechtsextremen AfD mit diesem Thema Angst, um sich selbst als Bollwerk gegen die vermeintlichen Kontrollversuche des Staates aufzuplustern. 

Sie werben auf Wahlplakaten mit „Bargeld ist Freiheit“. Aber das gilt in AfD-Manier wohl nur für Menschen, die ihnen „genug wert“ sind. Die AfD ist überdurchschnittlich beliebt bei Arbeitssuchenden. Aber deren Freiheit will die AfD bewusst einschränken, indem sie plant, den Zugang zu Bargeld zu verwehren und eine Sachleistungs-Karte für Arbeitssuchende einzuführen.

Im Wahlprogramm der AfD zur Europawahl am 9.6.2024 wird eine Verschwörungserzählung konstruiert, die die schleichende Abschaffung des Bargelds als einen geheimen Plan der Bundesregierung und der Europäischen Zentralbank darstellt. Sie schreiben außerdem (Seite 21), dass dieser daherfantasierte Plan mit einem freiheitlichen Rechtsstaat nicht vereinbar sei. 

So, so, die Verweigerung des Zugangs zum Bargeld wäre also mit einem Rechtsstaat unvereinbar, behauptet die AfD. Dieselbe Partei forderte aber gleichzeitig die Möglichkeit, dass Arbeitssuchenden jederzeit der Zugang zum Bargeld verwehrt werden können sollte und ihnen dann nur Sachleistungen zur Verfügung stehen sollten. Der Rechtsstaat und die Freiheit seien der rechtsextremen Partei wichtig – außer, wenn es um Arbeits- oder Schutzsuchende geht.

Bereits im Oktober 2022 stellte die AfD einen Antrag im Bundestag, der erwirken sollte, dass Bürgergeldempfängern, die beispielsweise bestimmte Maßnahmen ablehnen, der Zugang zu Bargeld gestrichen werden sollte und stattdessen sah der Antrag eine Sachleistungs-Karte, wie die vor Kurzem eingeführte Bezahlkarte für Schutzsuchende, vor. Auch wollte die AfD Arbeitssuchende zu 15-Stunden unbezahlter Zwangsarbeit verpflichten.

Mit dieser Karte sollte dem Antrag nach nicht nur der Zugang zu Bargeld eingeschränkt werden, sondern auch der Aufenthaltsort. Genauso wie es bei Schutzsuchenden im Gespräch war, will die AfD auch hier die Freiheit der betroffenen Arbeitslosen einschränken, sodass „die Leistungsbezieher sich grundsätzlich im zeit- und ortsnahen Bereich im Inland aufzuhalten haben“. Die Umsetzung sei durch entsprechende Programmierung der Karte einfach realisierbar.

Man sieht wieder einmal: Wer derartige Einschränkungen befürwortet, solange es „nur“ Schutzsuchende oder „Ausländer“ trifft, wird schnell lernen, dass diese auch den Weg für die eigene Unfreiheit ebnen.

Die AfD will also einem Teil der Arbeitssuchenden das Bargeld streichen und sie ihrer Bewegungsfreiheit berauben und schreiben gleichzeitig von einer Unvereinbarkeit mit dem Rechtsstaat in ihrem Wahlprogramm, konstruieren eine Verschwörungserzählung und plakatieren „Bargeld ist Freiheit“. 

Trotzdem wird sie von Arbeitslosen bei Wahlen bevorzugt. Das geht aus einer Analyse der AfD Wählerschaft der Hans-Böckler-Stiftung hervor. 

AfD-Wählende teilen vor allem Sorgen über ihre eigene wirtschaftliche Situation, die Sicherheit des Arbeitsplatzes und die Altersvorsorge. Der Report sieht darin auch den Ausgangspunkt für die Empfänglichkeit von Verschwörungen und Rassismus.

Die Autoren der Studie sehen die Chance, AfD-Wählende zurückzugewinnen, in einer Politik, die soziale und finanzielle Sorgen adressiert.

Seit dem 16. Mai 2024 gelten die Änderungen des Asylbewerberleistungsgesetzes zur Bezahlkarte. Das ist eine Karte für den elektronischen Zahlungsverkehr, die auf Guthaben basiert und ohne Kontobindung funktioniert. Das Guthaben der Bezahlkarte wird im Gesetz nicht mit Bargeld gleichgesetzt. Zudem besteht die Möglichkeit, sowohl die Höhe der Bargeldabhebungen, als auch die der Überweisungen zu begrenzen.

Die Bezahlkarte ermöglicht somit massive Einschränkungen, Kontrolle und Wege der Schikane und ermöglicht, dass Überweisungen innerhalb Deutschlands, sowie ins Ausland blockiert werden können. Das Bezahlen mit der Bezahlkarte kann auch auf bestimmte Postleitzahlgebiete eingeschränkt werden und es können sogar ganze Händler und Warengruppen ausgeschlossen werden. Experten kritisieren, dass derartige Karten den Verwaltungsaufwand erhöhen, und die Integration erschweren. Dass damit Zahlungen an Schlepper verhindert werden würden, sei ein Mythos.

Der beschränkte Zugang zu Zahlungsmitteln öffne hingegen Tür und Tor für diejenigen, die mit dem schnellen Geld werben, merken Kritiker an. So birgt die Bezahlkarte und die damit einhergehenden Einschränkungen und Kontrollmechanismen Berichten zufolge die Gefahr, dass Betroffene auf Kriminelle hereinfallen und selbst kriminell werden, um Zugang zu Bargeld zu erhalten oder dass sie noch häufiger Opfer von Kriminalität werden. 

Bezüglich der Bezahlkarte für Schutzsuchende gab es bereits im Februar einen Leak von einem Insider, der Pläne zu einer Betrugsmasche veröffentlichte, die Schutzsuchende um ihr Geld bringt und damit das Potenzial hat, sie noch weiter in die Armut zu stürzen. Die Pläne sehen vor, dass Betroffene „etwas kaufen“, aber statt das Gekaufte zu erhalten, das bezahlte Geld in Bar zurückbekommen, wie ein Tauschgeschäft, nur mit einer Transaktionsgebühr von bspw. 10 %. So etwas würde die Gründe für die Bezahlkarten ad absurdum führen. Die AfD sieht das aber wohl auch als Vorbild für Bürgergeld-Empfänger.

Diese Gleichzeitigkeit von dem oben genannten Wahlplakat und den Korruptionsvorwürfen gegen Mitglieder der AfD trägt schon eine gewisse Ironie in sich. AfD-Bundestagsabgeordneter Petr Bystron wird beschuldigt, durch ein Kreml-nahes Netzwerk Bestechungsgeld erhalten zu haben. Auch gegen den Spitzenkandidaten für die Europawahl, Maximilian Krah, gibt es den Verdacht, Bestechungszahlungen angenommen zu haben. Bystron soll sich auf einer Aufnahme über die Stückelung der Geldscheine aus Russland beschwert haben. Vor diesem Hintergrund erhält die Forderung der AfD nach Bargeld noch einen gewissen ironischen Unterton.

Artikelbild: canva.com

 

Nach oben scrollen