Trump: So verhindern wir, dass uns das auch passiert

Der Faschist Donald Trump hat die Wahl in den USA gewonnen. Und ja, das bedeutet eine düstere Zukunft für viele Menschen auf der ganzen Welt. Über die Pläne haben wir und andere schon geschrieben, und es wird noch Zeit geben, darüber zu reden. Auch über das Warum werden wir noch sprechen. Aber ich glaube, jetzt brauchen wir erstmal akut etwas Hoffnung. Es ist viel schlecht, aber es ist auch nicht alles schlecht – in mindestens sechs US-Staaten wird das Recht auf Schwangerschaftsabbrüche auf staatlicher Ebene gestärkt. Das hier soll aber auch kein “Das Glas ist zu einem Fünftel gefüllt”-Artikel werden.

Dennoch müssen wir uns klar machen, dass wir in Deutschland und Europa noch verhindern können, dass auch uns der Faschismus wieder einholt. Es gibt da noch Grund zur Hoffnung. Denn Hoffnung ist auch nichts, was es einfach gibt, sondern was man sich erarbeiten muss. Guck dazu auch an das Ende des Artikels für konkrete Vorschläge.

So Mainstream wie in den USA sind der Hass und die Lügen der AfD bei uns hierzulande zum Glück noch lange nicht. Auch wenn in den demokratischen Parteien gerade daran gearbeitet wird, diesen Populismus und Rechtsruck zu normalisieren, ist wohl vielen nicht klar, dass die rechtsextreme AfD 2024 viel Zustimmung verloren hat.

Es mag im Angesicht der Stimmung und der Wahlerfolge in den Landtagswahlen kontraintuitiv erscheinen, aber im Vergleich zu vor einem Jahr hat die AfD massiv an Zustimmung verloren. In Umfragen lag sie im November 2023 noch bei bis zu 23 %. Heute sind es gerade einmal 17 %! Auch die Landtagswahlen wären ein Jahr früher viel schlimmer ausgefallen, wenn man den Umfragen Glauben schenken darf. Das ist immer noch viel zu viel, keine Frage. Aber nicht der Trend, wie er behandelt wird.

Es gab eine der größten Protestbewegungen unserer Geschichte mit über 4 Millionen Menschen auf den Straßen nach den Correctiv-Enthüllungen. Und sie hat extrem viel verändert – bis heute! Das scheint sich kaum jemand bewusst zu sein, besonders nicht die Spitzen der demokratischen Parteien von Grüne, FDP, SPD und Union, die unbeirrt und oft gegen Mehrheiten sogar ihrer eigenen Parteien am Rechtsruck arbeiten.

Aber ein Sieg der rechtsextremen AfD ist nicht so unausweichlich, wie Trump es heute vielleicht scheinen lassen mag. Deutschland ist nicht die USA. Und wir können aus den Fehlern lernen, die dort gemacht wurden.

Dass die AfD immer radikaler wird, ist, glaube ich, kein Geheimnis. Vielleicht weniger bekannt ist, dass die Einstufung der Gesamtpartei als gesichert rechtsextrem kurz bevorsteht. Das dürfte das AfD-Verbotsverfahren noch näher rücken und vielleicht noch mehr Menschen die Augen öffnen. Besonders in Anbetracht einer Razzia gestern, die im Trump-Trubel vielleicht untergegangen ist, aber auf keinen Fall untergehen sollte. Bei einer Razzia gegen eine mutmaßliche rechtsextremistische Terrorgruppe hat die Bundesanwaltschaft gestern acht Männer festnehmen lassen.

Die “Sächsische Separatisten” (natürlich mit “SS” abgekürzt) sollten geplant haben, einen NS-Staat zu errichten und “ethnische Säuberungen” durchzuführen. Einer von vielen rechtsextremen “Einzelfällen”. Und auch nichts Neues: wieder mal direkte Verbindungen zur AfD. Einer der Beschuldigten ist AfD-Politiker Kurt Hättasch, zwei weitere Beschuldigte haben auch Verbindungen zur AfD und teilweise auch Ämter in der Partei. Laut SPIEGEL sollen dabei sogar Schüsse gefallen sein, als Hättasch zur Waffe griff. Er soll nicht lebensgefährlich getroffen worden sein. Bitte was passiert hier?

Natürlich distanziert sich die AfD, aber es ist halt völlig unglaubwürdig. Aber wie viele Terroristen und Mörder brauchen wir noch im Umfeld der AfD, bevor wir anfangen, sie als Gefahr für unsere Demokratie zu behandeln? Diese Partei ist rechtsextrem und von Lippenbekenntnissen der notorischen Lügner sollten wir uns nicht in Sicherheit wiegen lassen. Prüft endlich das AfD-Verbot. Die AfD muss spüren, dass sich unsere Demokratie auch wehren kann, sonst wird sie sich immer weiter radikalisieren.

Wohin es führt, wenn man die Faschisten lügen und hetzen lässt, ihnen eine Bühne bietet und sie normalisiert, sehen wir in den USA mit Trump. Wir könnten jetzt aufhören, die gleichen Fehler zu machen, bevor es zu spät ist. Im DLF darf die Rechtsextremistin Alice Weidel Trumps Wahl einordnen, bei Maischberger darf Rechtsextremistin von Storch über die US-Wahl diskutieren. Habt ihr den Schuss nicht gehört? Die Lügen und die Propaganda von Trump werden immer wieder ohne Einordnung oder Warnung auch in deutschen Medien reproduziert.

Über das Medienversagen im Umgang mit Faschisten und Lügnern habe ich schon in meinem Buch “Werbung für die Wahrheit” geschrieben. In dem Versuch, die Debatte so zu verzerren, damit die Rechtsextremen nicht so negativ aussehen, wie sie sind, greifen Medien tief in die Trickkiste – ironischerweise, um “neutral” zu wirken. Man will “neutral” aussehen, wirft dafür aber Objektivität über Bord. Und dann wundert man sich, wieso so viele Menschen nicht die Propaganda durchschauen können.

Eine der wichtigsten Maßnahmen, die wir hierzulande tun könnten, wäre, endlich aufzuhören, AfD-Rechtsextremisten in Talkshows einzuladen und in Interviews nach ihrer Meinung zu fragen, als ob von dort irgendetwas Qualifiziertes oder Wahres kommen könnte. Genau denjenigen eine Bühne bieten, die einem den Mund verbieten wollen und die uns als Hauptfeind ansehen, ist das Sägen an dem Ast, auf dem man sitzt. Rechtsextremisten sind die größte Bedrohung für die Meinungs- und Pressefreiheit. Und ihr helft ihnen dabei, in dem sie der AfD überproportional viel unkritische Aufmerksamkeit schenken.

Ihr wollt keinen Trump-ismus in Deutschland? Kritisiert pausenlos die Medien, die immer noch skrupellos AfD-Rechtsextremisten zu unkritischen Interviews und Talkshows einladen. Und liebe Medien: Lernt endlich dazu. Bevor es zu spät ist. Man muss die AfD-Politiker und ihre Lügen ja nicht totschweigen. Aber sie unkritisch und ohne Einordnung und Faktencheck immer wieder zu präsentieren, ist offensichtlich kontraproduktiv. Das ist auch ein Medienversagen. Aber es ist noch nicht vorbei. Es ist eure Verantwortung.

Eine zweite, direkte Maßnahme, dem Faschismus einen herben Schlag zu versetzen, ist ihm nicht nur in den klassischen Medien die unkritische Bühne zu entziehen, sondern auch in Social Media. Klar, an der Front zur Regulierung der Plattformen und Umsetzung des Rechtsstaates ist viel zu tun. Aber es geht viel direkter und viel einfacher. Warum sind so viele Journalisten, Medien, Politiker und besonders Regierungsaccounts überhaupt noch auf Twitter?

Ich muss, glaube ich, nicht ausführen, dass Twitter ein reines Propaganda-Werkzeug für den Faschismus geworden ist. Warum sind unser Kanzler und die großen Medien noch dort? Warum zwingt man so viele, die Plattform weiterzunutzen, und sich den Lügen und der Hetze von Elon Musk für Trump & Co. auszusetzen? Sich buchstäblich ungefragt AfD-Tweets in den Notifications aufzwingen zu lassen?

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Wer Verantwortung übernehmen will, geht von dieser Plattform runter, denn die Hauptstadtjournalisten, große Medien und Spitzenpolitiker, die immer noch dort sind, geben ihr die Relevanz. Und damit Faschisten wie Musk die Macht, auch Deutsche mit den AfD-Lügen gehirnzuwaschen. Löscht Twitter endlich!

Und das gilt nicht nur, aber besonders für Twitter: Schließt oder moderiert eure Kommentarspalten gefälligst! Ich weiß, die Algorithmen sind nach Interaktionen und Kommentare ausgelegt, aber das ist Teil des strukturellen Problems, warum Desinformation so erfolgreich ist. Weil die Plattformen Kontroverses – und damit Lügen und Faschismus – pushen. Aber das heißt nicht, dass wir dabei auch noch helfen müssen.

Es gibt keinen Grund, warum einfach jeder alles in deine Kommentarspalte posten sollte. Es ist deine Kommentarspalte, du darfst selbst entscheiden, was dort passiert. Und Lügen, Hass, Spaltung und Propaganda sollten selbstverständliche No-Gos sein. Im Gegenteil, statt aus falsch verstandener Meinungsfreiheit die Kommentare von russischen Trollen oder Bots überrennen zu lassen, sorgt ordentliches Moderieren und Blocken für FREIERE Diskussionen, wie sogar Studien zeigen.

Wozu gibt es saubere Artikel, in denen die Fakten stehen, wenn ein Großteil ohnehin nur die Kommentarspalten in Social Media liest, wo dann diejenigen, die alle Fakten leugnen und in Zweifel ziehen, ganz oben stehen und am Ende mehr Aufmerksamkeit bekommen? Man könnte konstruktiv diskutieren, wenn man nicht ständig angepöbelt, beleidigt und belogen werden würde. Und wer keine Kapazitäten hat, seine Kommentarspalten zu moderieren, weil das auch enorm viel Geld und Nerven kostet: Dann macht sie halt zu.

Sie unmoderiert offenzulassen, ist feige und unverantwortlich. Das gilt für alle, von großen Politiker-Accounts, zu großen Medien zu jedem Einzelnen von uns. Ihr könnt die Kommentare vielleicht ignorieren, euch vielleicht über Interaktion freuen, wenn der Shitstorm kommt, aber davon gehen der Hass und die Lügen nicht weg. Im Gegenteil. Davon bekommen sie eure Reichweite für die Propaganda.

Ein Sieg der AfD wie Trump ist nicht unausweichlich. Ein Sieg des Trump-ismus in Europa auch nicht. Was allen klar sein sollte: So kann es nicht weitergehen. Vielleicht kann das ein Weckruf für die Personen in Machtpositionen sein. Sei es Politik oder in den Medien. Es gibt kein Recht auf rechtsextreme Propaganda und wir müssen dieser auch nicht noch dabei helfen, gestreut zu werden. Das passiert uns nicht einfach so, das machen wir selbst. Wir können auch damit aufhören. Und jeder von uns kann mit seiner Stimme (an der Urne, im Netz, auf der Straße, in Bürgerforen, in Mails an Politiker usw.) und seinem Konsumverhalten dazu beitragen, dass das auch da in Politik und Medien ankommt.

Das Gleiche gilt auch für eine weniger pragmatische Antwort darauf, wie wir in Deutschland und Europa verhindern können, dass Trump auch uns passiert. Wir müssen selbst Verantwortung übernehmen. Für Frieden, Sicherheit und Freiheit auf dem Kontinent. Das wird teuer und anstrengend. Das wird viel Mut erfordern. Aber ich glaube, viele sehnen sich nach einer Alternative zur AfD oder dem Status Quo.

Wo sind die mutigen Visionen? Die positiven Narrative? Wo eine Regierung, die sich nicht nur zerstreitet, sondern einen Plan vorlegt, wie es weitergehen kann? Weder in den USA noch bei uns herrscht gerade wirtschaftlich eine Katastrophe – die Krisen Corona und Schock nach der russischen Invasion haben wir eigentlich sogar zu großen Teilen hinter uns. Die deutsche Wirtschaft ist gerade sogar wieder leicht gewachsen, Inflation ist wieder unten, die Preise sinken (aber werden nicht von allen Unternehmen an die Kunden weitergegeben, schaut vielleicht mal nach Anbieter-Wechsel).

Wir sprechen hierzulande sogar ernsthaft über Neuwahlen, aber eigentlich vorgeblich, weil die FDP seit Monaten auf einem irrationalen Selbstzerstörungkurs ist, die Grünen mutlos jammern und die SPD führungs- und planlos wirkt und grundlos rechte Politik macht. Es ist natürlich lange nicht alles rosig, aber das gerade ist ein größtenteils internes Problem. Und wir bräuchten gerade jetzt eine Regierung, die selbstbewusst eine Richtung vorgibt und mutig Änderungen vornimmt – ohne vor der Fake-News-Barrage einzuknicken.

Die Ampel könnte eine klare Linie kriegen, und das Land und die EU in eine neue Zeit führen. Aber dann müsste sie nach drei Jahren auch mal damit anfangen. Ein Jahr erbärmliches Gestreite und reines Verwalten wären vielleicht unangenehmer als die Alternative. Europa ist jetzt immer mehr die letzte Bastion der Demokratie und der Freiheit. Also müssen wir uns darauf konzentrieren, dass wir diesem Anspruch gerecht werden.

Trump wird leider US-Präsident werden. Wir dürfen uns aber davon nicht lähmen lassen und resignieren. Im Gegenteil, es soll uns wachrütteln. Wir können und müssen nicht mehr so weiter machen wie bisher. Und es gibt noch jeden Grund zur Hoffnung. Die große Mehrheit will hierzulande den Trump-ismus nicht. Nicht die AfD. Nicht so eine Art Politik der Lügen und der Spaltung. Wie gesagt: Die AfD wird 2024 wohl schwächer beenden, als sie es begonnen hat. Die Mehrheiten sind da! Dann liefert eine echte Alternative!

Wir können aufhören, die antidemokratischen Kräfte in Politik und Medien groß zu machen. Und wir können anfangen, pragmatische, mutige und positive Wege in die Zukunft aufzuzeigen. Irgendjemand muss nur damit anfangen. Kamala Harris hat zwar mit ihrer Botschaft der Hoffnung, des Lachens und der Zuversicht verloren. Aber wir könnten auch damit anfangen, bevor es zu spät ist.

In unserem Land gibt es ein enormes Potential an Menschen, die sich nach etwas Anderem sehnen, als das, was wir geboten bekommen: Rechts oder weiter so. Es ist zwar ein Klischee, aber: Wir sind mehr. Und wir können es anders machen. Wir werden es anders machen.

  • Nutzt eure Stimme, online, offline und an der Wahlurne.
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  • Nutze deine Stärken – egal ob Public Speaking, Gestalten, einfühlsame Gespräche oder auch Papierkram, Organizing, Verwaltung − alle werden gebraucht!
  • Pick your battles! Du musst nicht alles machen, und sollst nicht ausbrennen. Sei auch für dein Umfeld und deine Community da!
  • Organisiert euch in der Nachbarschaft, organisiert selbst Demonstrationen.

Verbreitet die Fakten, die positiven Visionen, seid laut. Kritisiert, wenn der AfD und ihren Inhalten eine Bühne geboten wird. Teilt nicht Fakes oder Hass, nur, um euch darüber aufzuregen. Unterstützt Politiker und Medien, die sich nicht dem rechten Einheitsbrei ergeben. Helft ihnen mit Reichweite und, wenn möglich, mit Geld. Unsere Inhalte sind alle komplett kostenlos, wir können gegen Desinformation und Faschismus dank eures Supports kämpfen. Unterstützt guten Journalismus und konstruktive Politik!

Anfang des Jahres ging eine der größten Protestbewegungen der deutschen Geschichte auf die Straße. Die Menschen sind nicht weg. Der Effekt ist nicht weg, die AfD ist schwächer geworden, auch wenn das die Meisten in Politik und Medien ignorieren. Es ist also möglich. Trump-ismus ist bei uns nicht unausweichlich. Und wir können ihn gemeinsam verhindern. Jetzt haben wir noch die Chance.

Artikelbild: Jan Woitas/dpa

 

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