Nachdem das Oberverwaltungsgericht Koblenz der AfD nach langem Hin und Her doch Recht gegeben hat und sie somit den Hohenstaufensaal in Annweiler als Räumlichkeit am Samstag, den 23.03., für ihren so genannten „Bürgerdialog“ nutzen konnten, war für uns klar, dass wir dies nicht unbeantwortet lassen. Die AfD veranstaltet nämlich ganz bewusst in ländlichen Regionen ihre Veranstaltungen, um dort für ihre rassistische, sexistische und neoliberale Politik ungestört Nährboden zu finden.
Dass gerade auch der AfD-Spitzenpolitiker Tino Chrupalla auf der Gästeliste für diesen Tag stand, zeigte uns, dass wir der Vereinnahmung des ländlichen Raums von Rechts etwas entschieden entgegensetzen müssen.
Bereits vor Beginn der offiziellen Gegenkundgebung, die für diesen Tag vom Verein Toleranz und Menschlichkeit Südpfalz angemeldet wurde, fanden sich deshalb ca. 50 Antifaschist*innen zusammen, um mit einem selbstbestimmten Demozug vom Bahnhof zum Hohenstaufensaal zu ziehen. Dort angekommen konnten sie für kurze Zeit ihren Protest direkt vor dem Eingang des Saals laut werden lassen und zeigen, dass die AfD hier nicht erwünscht ist und mit entschlossenem Protest zu rechnen hat. Die Antifaschist*innen wurden jedoch von den Bullen direkt mit aller Gewalt über den Vorplatz des Saals gezerrt und gestoßen. Den staatlichen Schergen war es vollkommen egal, dass sie dabei die Protestierenden mit dem Rücken zu einer Steintreppe drängten und deshalb zwei Genoss*innen stürzten. Es zeigte sich hier also einmal mehr: Wer als Antifaschist:in Nazis entgegentritt, kann sich nicht auf den Staat verlassen. Auch bei der Anreise zum Hohenstaufensaal wurde seitens des Staats mit zweierlei Maß gemessen: Während die Besucher:innen des Bürgerdialogs die Straße einfach so passieren konnten, mussten mehrere Anreisende, die sich dem Gegenprotest anschließen wollten, über einen Umweg zum Kundgebungsort laufen. Zum Teil wurden sogar Protestierende auf der Gegendemo von Cops zusammengedrängt und körperlich angegangen, um einigen geografisch verwirrten AfD’ler:innen, den Zugang zum Saal zu ermöglichen. Obwohl also der Staat – mal wieder – die Faschist:innen mit viel Einsatzwillen schützte, haben wir als Gegendemo die AfD-Anhänger:innen auf dem Weg in den Saal behindert. Wir zeigten also, dass wir uns bei unserem Gegenprotest weder einschüchtern, noch durch vermeintliche Autoritäten davon abbringen lassen, der AfD ihre Veranstaltung zu versauen.
Mit Transparenten und Fahnen positionierten wir uns auf dem Gehweg. Es schlossen sich dabei immer mehr Demonstrierende dem Gegenprotest an und ließen Parolenrufe laut werden, um so den Besucher:innen des Saals zu zeigen: Ihr seid hier nicht willkommen.
Zum offiziellen Kundgebungsbeginn befanden sich ca. 500 Demonstrierende auf der Straße vor dem Hohenstaufensaal. Die Kundbgebung wurde dabei durch mehrere Redebeiträge gestaltet. Sowohl Vertreter:innen von Gewerkschaften, des jüdischen Studierenverbands Hinenu als auch der Omas gegen Rechts setzten dabei ein Zeichen gegen die AfD.
Die Rede des OATs hat den Fokus auf die gesellschaftlichen Bedingungen gelegt, die zum Erstarken faschistischer Strukturen und Parteien beitragen. Hierbei wurde verdeutlicht, dass Faschismus nicht im luftleeren Raum entsteht, sondern das Produkt eines neoliberalen Krisenkapitalismus ist, welcher die Kosten der Corona-Pandemie, aber auch die Kosten der militärischen Aufrüstung, auf den Rücken derjenigen abwälzt, die sich ohnehin schon in einer prekären Lebenslage befinden. Sozialabbau, Austeritätspolitik und eine Steuerpolitik, welche nach dem Motto „Wer hat, dem wird gegeben“ das Geld nach oben umverteilt, führt logischerweise am anderen Ende der Klassengesellschaft zu Verzweiflung und Frust. Dass die AfD diesen Frust nutzt, um mit falschen Sündenböcken auf Stimmenfang zu gehen, wurde in unserer Rede ebenfalls aufgegriffen und zur Solidarität mit Geflüchteten, Migrant:innen und queeren Personen aufgefordert. Darüber hinaus wurde die Notwendigkeit antifaschistischer Arbeit betont. Unser Verständnis hiervon ist eine breite Antifa-Bewegung, die verschiedene Formen des antifaschistischen Kampfes ausübt und hierbei untereinander solidarisch ist. Natürlich sind wir nicht immer alle einer Meinung. In konstruktiven Diskussionen schaffen wir es aber gemeinsame Standpunkte zu finden, mit denen sich – wie heute geschehen – arbeiten lässt. Wesentlich ist hierbei, dass wir uns trotz unterschiedlicher Ansichten im Angesicht des gemeinsamen Feindes und Kampfes nicht spalten lassen.
Allerdings gab es Teile der Versammlung, die dies offenkundig nicht so gesehen haben. Vor allem in einem Teil des bürgerlichen Spektrums der Kundgebung, gab es während unseres Beitrags nicht nur Zwischenrufe, sondern auch an die Rednerin gerichtete Beleidigungen (die wir, aufgrund ihrer Bösartigkeit nicht wiederholen möchten) – Ein Verhalten, das an sich unverschämt ist und den Anlass vollkommen entstellt, jedoch wohl leider als entlarvend angesehen werden kann. Es ist bezeichnend, dass sich diejenigen, die noch vor Wochen öffentlichkeits- und wahlkampfwirksam auf Demonstrationen mit verbalen Bekenntnissen zu Demokratie und Vielfalt um sich geschmissen haben, nun selbst den demokratischen Diskurs stören. Denn ja, wir wissen es und es ist wenig überraschend: Im Juni sind Kommunal- und Europawahlen und der Wahlkampf findet auch auf der Straße statt. Da ist es natürlich schlecht, wenn in der Öffentlichkeit auf die Rolle der Regierungsparteien beim Vorantreiben des Rechtsrucks aufmerksam gemacht wird.
Ein weiterer negativer Gipfel war, dass ebendieses bürgerliche Lager unisono dazu überging, zu versuchen unsere Rednerin mit Parolen zu übertönen. Zwei Lehren möchten wir hieraus im Besonderen ziehen: Dieser Teil des bürgerlichen Spektrums muss sich ernsthaft die Frage stellen, wo es eigentlich steht. Antifaschismus lässt sich nicht in Lippenbekenntnissen ausdrücken, sondern durch kontinuierliche, kluge, solidarische und selbstkritische Arbeit – im Dialog! Das Überbrüllen an sich ist unsolidarisch und entbehrt der Fähigkeit zur Selbstreflexion über die eigene politische Verantwortung.
Die zweite Lehre jedoch ist eine positive. Nach unserer Rede sind zahlreiche Menschen auf uns zugegangen und haben sich dafür bedankt, dass wir unsere Kritik an jegliche menschenverachtende, rechte Politik richten, auch wenn sie nicht aus der Feder der AfD stammt. Zudem konnten wir unsere Standpunkte in Diskussionen klarstellen und verteidigen. Viele haben sich für den Mut bedankt, den es bedarf, wenn man sich, wie in Annweiler, den Faschos und den sie schützenden Bullen in den Weg stellt. Dem liegt unser Antifaschismus-Begriff zugrunde, der unsere Arbeit bestimmt und wie er sich in der folgenden Parole darstellen lässt:
„Hinter dem Faschismus steht das Kapital – der Kampf um Befreiung ist international!“
Abschließend begleiteten wir den Demozug hin zum Vorplatz der Annweiler Kirche, in der eine Podiumsdiskussion stattfand. So konnten wir auch auf den Straßen nochmal lautwerden lassen, dass die AfD in Annweiler nicht erwünscht ist.
Denn: Wenn die AfD meint, sie könnte im ländlichen Raum auf Stimmenfang gehen, dann müssen sie mit unserem Widerstand rechnen. Lasst uns weiterhin unsere Kräfte mobilisieren, unsere Kämpfe verbinden und weiterhin den Faschisten den Kampf ansagen. Ob in Annweiler, Landau oder sonst wo! Lasst uns nicht nur die linke Welle reiten, sondern auch die rechte Welle brechen – gemeinsam und solidarisch!
Alle zusammen gegen den Faschismus!